Eugen Bormann kam am 6. Oktober 1842 als Sohn eines Justizrates in Hilchenbach (Nordrhein-Westfalen) zur Welt. Seine erste Ausbildung bekam er im renommierten Gynasium von Schulpforta (bei Naumburg an der Saale). Dieses Gymnasium war berühmt durch seinen exzellenten Unterricht in den klassischen Sprachen und beherbergte im Laufe der Zeit viele bekannte Größen wie z. B. Klopstock, Fichte, Leopold v. Ranke und Nietzsche. Hier erwarb Bormann sowohl seine ausgezeichnete Kenntnis der alten Sprachen als auch seine Vorliebe für die klassische Antike, die ihm zeitlebens erhalten blieb. Seine hervorragenden Lateinkenntnisse kamen ihm später besonders bei der Ergänzung von beschädigten oder unvollständigen Inschriften (Epigraphik) zugute.
Nachdem sich Bormann entschlossen hatte, Lehrer für klassische Sprachen zu werden, studierte er an den Universitäten in Bonn und Berlin, die damals um die Mitte des 19. Jahrhunderts Zentren der Altertumswissenschaften waren. Berlin war besonders bekannt durch drei Gelehrte von internationalem Ruf: August Boeckh (1785 - 1867), Eduard Gerhard (1795 - 1867), vor allem aber Theodor Mommsen (1817 - 1903). Letzterer begeisterte den jungen Bormann ungemein, wobei zu den wissenschaftlichen Anziehungsmomenten noch ganz persönliche traten. Bormann war oft zu Besuch im Haus Mommsen, in dem es mit den 16 Kindern des großen Historikers ziemlich lebhaft zuging. Von der Frau Mommsens sagte Bormann, dass auf sie der häufig in lateinischen Grabinschriften gelesene Spruch zutreffe: INCOMPARABILIS UXOR CUM QUA SINE QUERELLA VIXIT (eine uvergleichliche Ehefrau, mit der er ohne jeden Streit lebte).
Mommsen ebnete seinem gleicherweise begeisterten wie begabten Schüler den weiteren Weg zur Universität und zum CORPUS INSCRIPTIONUM LATINARUM. Nach dem Doktorat (1856) ging Bormann mit einem durch Mommsen vermittelten Stipendium des Deutschen Archäologischen Instituts nach Italien (1865 - 1869), um sowohl für das CORPUS Inschriften zu sammeln als auch Land und Leute und Sprache kennenzulernen. Nach seiner Rückkehr aus Italien war Bormann bis 1881 Lehrer der klassischen Sprachen an zwei Berliner Gymnasien, dem "Friedrich-Werder-Gymnasium" und am berühmten "Grauen Kloster".
Im deutsch - französischen Krieg 1870/71 eingezogen kam er an die vorderste Front und erlitt auch gleich zu Kriegsbeginn am 16.08.1870 bei Mars-La-Tour eine schwere Gesichtsverletzung, deren Spur ihm dauernd blieb. Ein Geschoß hatte ihm den Oberkiefer zerschmettert und damit war für ihn der Krieg zu Ende. Die Heilung war sehr langwierig und schließlich mußte er einen künstlichen Gaumen mit Gebiß tragen, der sich beim Sprechen bewegte, ihn aber sonst nicht weiter störte. Mit dem "Eisernen Kreuz" ausgezeichnet und zum Leutmant befördert kehrte er nach sorgfältiger Pflege in Mommsens Haus zur Wissenschaft zurück.
Bormanns Tätigkeit am Gymnasium dauerte nicht mehr lange, Mommsen veranlasste 1881 Bormanns Berufung an die Universität in Marburg an der Lahn und in den Mitarbeiterstab des CORPUS.
Im Jahr 1885 kam Bormann an die Wiener Universität, die damals ebenfalls eine Hochburg der Altertumswissenschaft war. Gleichzeitig mit der Ankunft Bormanns wurde der Wiener Professor Otto Hirschfeld zur Entlastung Mommsens (und als dessen späterer Nachfolger) nach Berlin berufen. An die freie Stelle rückte Bormann. In Wien entfaltete Bormann 30 Jahre hindurch eine hervorragende Lehr- und Forschungstätigkeit als ordentlicher Universitätsprofessor für Alte Geschichte und Inschriftenkunde (Epigraphik). 1903 wurde Bormann Hofrat und 1910 wirkliches Mitglied der Akademie der Wissenschaften. 1912 erhielt Bormann die Doppelt grosse goldene Salvatormedaille in Wien und 1914 anläßlich seiner Übernahme in den dauernden Ruhestand das Komturkreuz des Franz Joseph-Ordens.
Schwerpunkte von Bormanns Wirken in Wien waren seine Vorlesungen und Übungen, die Führung des 1876 gegründeten und zu Ansehen gelangten Archäologischen-Epigraphischen Seminars, die Aufdeckung Carnuntums, die wissenschaftliche Bearbeitung der Funde (besonders der zahlreichen Inschriften), die Errichtung des Museums in Deutsch-Altenburg, die Limes-Kommission der Akademie der Wissenschaften (Erforschung des römischen Limes und seiner Stützpunkte entlang der Donau), die Arbeit in der Vereinigung der Altertumsfreunde und -forscher im "ERANUS VINDOBONENSIS" (besteht noch heute) - das alles natürlich neben seiner Weiterarbeit an der Sammlung der lateinischen Inschriften (CORPUS INSCRIPTIONUM LATINARUM).
Bormanns zweite große Liebe neben Italien war Carnuntum. Er war die treibende Kraft bei der Freilegung dieser römischen Doppelsiedlung (Lager und Zivilstadt) und bei der wissenschaftlichen Auswertung der Funde. Als erstes wurde das Lager ausgegraben. Weder der Staat noch das Land brachten damals das Geld für die Erhaltung der Ausgrabungen auf. Man bezahlte den Bauern, unter deren Feldern sich das römische Lager befand, den Ausfall einer Ernte und schüttete dann wieder alles zu: die Lagerwälle, die Unterkünfte der Soldaten und Offiziere und auch das herrliche Lagerbad (von diesem befindet sich ein Modell im Museum). Dazu der bittere Ausspruch von Mommsen: "die Wiener haben ein Pompeji vor ihren Toren und nützen es nicht."
Nach 1938 sollte ganz Carnuntum mit deutschen Mitteln ausgegraben werden. Es wurden große Bauhütten errichtet und mächtige Bauten der Zivilstadt freigelegt, darunter der große "Palast" mit der Bodenheizung unter allen Räumen. Durch hölzerne Einbauten sollte das vorzüglich erhaltene Amphitheater für Festspiele adaptiert werde. Eine groß aufgezogene Werbung brachte Ströme von Besuchern herbei.
Der Krieg machte diese Pläne zunichte. Doch diesmal wurden die neuen Ausgrabungen nicht wieder zugeschüttet und blieben so erhalten. Nach einer Neuordnung für die Erhaltung der Römerreste in Österreich übernahm das Land Niederösterreich die Fortsetzung der Ausgrabungen in der Zivilstadt (wenn auch das Lager weiterhin unter dem Boden blieb). In jeder Sommersaison kamen neue Häuser und Straßen in der Römerstadt zutage. So wird wenigsten die zivile Hälfte unseres Pompeji präsentiert.
Eugen Bormann, er lebte 74 Jahre und starb am 4. März 1917 Freuden des Lebens gering zu achten war ihm Gewohnheit. Forschung und Schülern allein galt sein Leben und Sinn.
Auf dem Gruftdeckel sind zwei Tafeln angebracht, die eine mit der Grabinschrift seiner Schwiegermutter Emma Rohrdantz geb. Richelmann, geb. 15.10.1821 in Mölln, gest. 11.2.1906 in Klosterneuburg und seiner Frau Auguste Bormann geb. Rohrdantz, geb. 26.8.1850 in Mölln, gest. am 3.1.1938 in Klosterneuburg), die andere in Memoriam für seine Töchter Dr. Emma Bormann-Milch, Wien 29.6.1987, Riverside 28.12.1974, DDr. Eugenie Bormann, Wien 10.8.1992, Berlin 10.6.1986 und Dr. Elisabeth Bormann, Wien 12.5.1895, Berlin 4.8.1986
DR. EUGEN BORMANN
1842 - 1917
IHM UND SEINEN SCHÜLERN
LEBTE DAS RÖMISCHE ALTERTUM
KLOSTERNEUBURGER URANIA
Einen Bericht der Bormann-Zeitgenossin Frau Prof. Elise Richter finden sie hier
Schriftenauswahl:
- CIL VI (Inscriptione urbis Romae Latinae), T. 1-3, 1876 bis 1880 finit W. Neozen u. Ch. Huelsen);
- CIL XI (Inscriptiones Aemiliae Etruriae Umbriae Latinae), T.1, 1888, 2/1, 1901, 2/2, 1926 (aus B.s Nachlaß);
- Inscriptiones Graecae XIV (Inscriptiones >Graecae, Italiae et Siciliae), hrsg. v. G. Kaibel, 1890, S.79-116 (Tauromenium);
- viele andere Arbeitsblätter in: Archiäologisch-epigraphische Mitteilungen aus Österreich-Ungarn 10-20, Wien 1886-97;
- Jahreshh. d. Österr. Archeol. Inst. 1-9 ebenda 1898-1906;
- Der römische Limes in Österrreich 1-12, ebenda 1900.14.