Der Vater Eugen Bormann (1842–1917) (Abb. 3), gebürtig aus Hilchenbach in Deutschland, Althistoriker und Inschriftenforscher, bekleidete ab 1885 das Amt eines ordentlichen Universitätsprofessors für Alte Geschichte und Epigraphik an der Universität in Wien, nachdem er seine akademische Karriere in Deutschland gefestigt und ab 1881 die Professur für alte Geschichte an der Universität in Marburg inne hatte. Ab 1885 in Wien ansässig, ließ sich die Familie im Jahr 1900 in Klosterneuburg in der Buchberggasse 41, heute 33, nieder. Das Haus, an dem Verlauf der alten römischen Reichsstraße gelegen, wurde nach dem Kauf für die Bibliothek des Vaters aufgestockt. Es zogen mit den Eltern Eugen und Auguste Bormann, die eigenen vier Kinder, Emma, Karl, Eugenie und Elisabeth, die Schwiegermutter des Vaters und seine zwei Schwägerinnen, sowie drei Adoptivkinder aus erster Ehe von Eugen Bormann mit Anna Fromann, ein, also insgesamt zwölf Personen (Abb. 2). 1903 zum wirklichen Hofrat, 1910 zum wirklichen Mitglied der Akademie der Wissenschaften ernannt, erhielt Eugen Bormann 1912 die doppeltgroße goldene Salvatormedaille und 1914 anlässlich seiner Übernahme in den dauernden Ruhestand das Komturkreuz des Kaiser Franz Joseph-Ordens. Am Gymnasium wurde 1928 eine Gedenkplakette an Eugen Bormann angebracht, gestaltet von August Bodenstein, Mitglied im VHKK. Straßenzüge wurden in Wien und Klosterneuburg nach ihm benannt. Welche bittere Ironie, dieses Gymnasium in unmittelbarer Nachbarschaft des Bormann-Hauses, war den Töchtern Bormanns verwehrt, die man getrost Pionierinnen der Wissenschaft nennen kann, wie es eine Publikation der Klosterneuburger Kulturgesellschaft 2005 wunderbar dokumentierte.
Emma hatte viele Interessen; wahrscheinlich dem Vater zu Liebe belegte sie 1912 die Fächer Germanistik und Prähistorik an der Universität in Wien. Spätestens ab dieser Zeit musste sie ihren späteren Ehemann Eugen Milch gekannt haben, denn sie nahmen gemeinsam an Exkursionen nach Deutsch-Altenburg teil, die vom Vater Eugen Bormann im Rahmen seiner Lehrtätigkeit an der Universität Wien gestaltet wurden. An diesen Studienreisen und Exkursionen nahmen auch die Schwestern und Ludwig Michalek, der Grafiker, teil. Professor Eugen Bormann baute das Museum in Deutsch-Altenburg auf und leitete die Ausgrabungen in Carnuntum.
Nach dem frühen Soldatentod des Bruders 1914, dem Tod des Vaters im März 1917, der Promotion im Juni 1917 an der Universität Wien zum Doktor der Philosophie und Urgeschichte hielt die junge Frau nichts mehr in Klosterneuburg und sie ging mit ihrer besten Freundin Tini Alberdingk nach München, nachdem sie noch die Lehramtsprüfung für Turnen abgelegt hatte. 1917/18 belegte sie für ein Semester an der staatlichen Kunstgewerbeschule in München den Lehrgang für grafische Techniken, erhielt aber bereits 1918 einen Lehrauftrag an den Privaten Münchner Lehrwerkstätten für grafische Techniken. In diesen Münchner Jahren von 1917 bis 1920 entstanden viele bekannte Blätter wie Marienplatz, Englischer Garten mit Rodlern, Bahnhof, Warenhaus Tietz, Frauenkirche, Das Odeon und das Blatt Leichenbegängnis Kurt Eisners, alle in Holz geschnitten, um nur einige davon zu nennen.
In den Sommern 1918 und 1919 schnupperte sie erstmals Museumsalltag im Krahuletzmuseum in Eggenburg in ihrem angestammten Studienfach Prähistorik. Holzschnitte von Eggenburg stammen aus dieser Zeit. Es war aber nur ein kurzes Intermezzo und dieses wurde mit einer Italienreise mit ihrer Freundin Tini 1920 nach Ravenna beendet. Die Impressionen dieser Reise hielt sie in bekannten Holzschnitten fest. Auf dieser Reise beschlossen die beiden Freundinnen, sich erneut an der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt in Wien bei Alfred Coßmann weiterzubilden. Von 1920–1923 erlangten sie dort den letzten Schliff ihrer grafischen Künste.
So wie Tini dürfte auch Emma Mitte der 20ger Jahre Exlibris geschaffen haben. Das radierte Ex libris Doctoris Eugenii Milch (Abb. 4), für den Ehemann, ziert ein berühmtes Zitat von Horaz - Aequam memento rebus in arduis Servare mentem haud secus in bonis - was sinngemäß rät, immer die Fassung zu bewahren, im Unglück als auch im Glück. Der mit einer überdimensionierten Radiernadel bewaffnete Reiter steht vor einer großen Entscheidung. Kommt die göttliche Eingebung oder Erleuchtung aus dem Universum, wie auf dem Blatt durch die Lichtquelle symbolisch angedeutet?Das zweite Blatt für Milch (Abb. 5) könnte auch ein Eigenblatt des Gatten sein, denn die Eignerbezeichnung Milch ist die Signatur des, auch als Malers und Grafikers tätigen, Arztes. Auf einem radierten Blatt aus seiner Hand (Abb. 6), eine Stadtansicht, ist diese deutlich zu erkennen. Von der Tochter Jorun wurde sie auch eindeutig dem Vater zugeordnet. Dies schließt aber die Urheberschaft von Emma nicht aus, denn vielleicht hat sie sich sehr bewußt der Signatur ihres Mannes bedient. Der Schalk saß ihr ja oft im Nacken. Man denke nur an ihre heiteren und sehr humorvollen Skibücher und die lithografisch festgehaltenen Reiseeindrücke der 4. Universitätsreise 1913 nach Sizilien, Griechenland und Tunesien, die einer köstlichen Skurilität nicht entbehren. Auch ihre mit reichlich personeller Staffage versehenen Stadtansichten haben diesen leichten Anflug einer liebevollen Ironie.
Emma hatte er in seine Gemeinde integriert und finanziell in der Weise unterstützt, indem er Ausstellungen ihrer Werke in seiner Wohnung veranstaltete. Die Anfeindungen in der deutschen Gemeinschaft, da sie eine arische Gattin eines ausgebürgerten Juden war, hielten ihn nicht ab, ihr zu helfen.
Das Exlibris (Abb. 11) für ihren ersten Enkel Karl, den Sohn ihrer jüngeren Tochter Jorun, hatte sie in Linol geschnitten. Es ist nach 1955 entstanden und zeigt die Wiener Karlskirche in sehr plakativer, fast grober Darstellung. Die Motivwahl ist durch die Namensgebung bestimmt. Karl Thomas Johns, am 26. November 1955 in Wien geboren, hat die Liebe zur bildenden Kunst zwar geerbt, aber nicht das Talent zur Ausführung. Er ist von Beruf Kunsthistoriker, Kurator, Bibliothekar und Archivar und lebt in Amerika. Er studierte an der Universität von Kalifornien (Riverside), an der Universität in Wien und in Bonn und schloss die Harvard University 1996 mit dem Doktortitel ab. Er spezialisierte sich auf flämische und holländische Kunst und arbeitete unter anderem im Rijksmuseum in Amsterdam, im Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg und im County Museum in Los Angeles. Die Auseinandersetzung mit dem Werk der Großmutter hat sein jüngerer Bruder Andreas übernommen. Er sammelt seit Jahren Unterlagen über seine Großmutter und beabsichtigt, ein Werkverzeichnis mit ausführlichster Biografie zu erstellen.
Ein sehr schöner Entwurf für ein Blatt für ihren Verlobten oder bereits Gatten (Abb. 12) zeigt Studien zur großen Loge der Wiener Oper und Fiakerpferde. Es kann ein sehr früher Entwurf sein, noch vor der Promotion von Eugen Milch (vor 1920), als beide in das kulturelle Stadtleben von Wien eintauchten.
Emma setzte ihre ausgedehnte Reisetätigkeit, so oft sie nur konnte, fort und brachte reichlich Stadt- und Landmotive für ihre Holz- und Linolschnitte, meist aus der Vogelperspektive betrachtet, mit. 1922 bereiste sie Holland, es entstanden die bekannten Holzschnitte mit Motiven aus Groningen, Den Haag und Rotterdam, 1924 die Motive aus England, Dalmatien, Rom und Schweden.
Am 15. September 1924 heiratete Emma in Klosterneuburg Dr. Eugen Milch, Arzt und Maler. Er war der ehemals beste Freund ihres Bruders Karl und so mit der Familie Bormann bereits sehr vertraut. Die Jahre 1925 bis 1929, durch die Geburten der Töchter Uta und Jorun geprägt, brachten etwas Ruhe in das unstete Leben. 1926 erhielt sie eine Anstellung als Lektorin für Zeichnen an der Universität Wien, die sie bis zu ihrer Flucht 1939 wahrnahm. Ihre ausgeprägte Reiselust brachte sie 1929 nach Dalmatien und Konstantinopel, 1931 nach Paris und 1932 nach Prag. Die Kinder Uta (1925-2009) und Jorun (1929), blieben Dank der Betreuung im Klosterneuburger Familienverband meistens zu Hause, hin und wieder nahm sie eines der beiden Mädchen auf ihre Touren mit. Die jüngere Tochter Jorun verbindet ihre Kindheit mit der Großmutter und den „Tanten“, diese waren immer für sie da, ein idealer Mutterersatz. 1933-1936 besuchte Emma die Werkstätte für Emailarbeiten bei Josef Hoffmann als Gastschülerin an der Kunstgewerbeschule Wien. Sie kam in Kontakt mit den Lehrmethoden von Franz Cizek, die sie begeisterten und so besuchten ihre Töchter kurz dessen Jugendkunstklasse in den 30er Jahren. Später, als sie in Japan lebte, basierte ihr künstlerischer Umgang mit den Kindern auf den Methoden von Franz Cizek. „Omas children“, war das geflügelte Wort, weil sie die eigenen Enkel und viele fremde Kinder unterrichtete. So übernahmen die Japaner die Bezeichnung „Oma“ für sie als Rufnamen. Ihr Bestreben, die Werke der kleinen Künstler als Buch zu veröffentlichen, blieb unerfüllt. 1936 fand die erste USA-Reise statt. Emmas erster künstlerischer Kontakt mit den Vereinigten Staaten von Amerika fand aber bereits 1932 statt, als sie in Chikago ausstellte und eine Auszeichnung für ihren bekannten Linolschnitt „Bosporus“ erhielt. Die zweite geplante Amerikareise 1939 kam wegen des II. Weltkriegs nicht mehr zustande.
Diese Zeit der Sicherheit in Wien mit reger Reisetätigkeit und enormer künstlerischer Produktivität (Abb. 13) nahm ein abruptes Ende durch die Machtübernahme der Nationalsozialisten. Als sie dann von der schwarzen Liste erfuhr, auf der sich auch ihr Name befand, war die Entscheidung schnell getroffen, dem Gatten nach China zu folgen. Dieser war bereits 1937 nach China gereist und hatte dort eine Stelle an einem Krankenhaus einer privaten Mission in Pakhoi gefunden. Er wurde ursprünglich von der chinesischen Regierung für ein Militärspital angeworben, dann aber nicht in den Dienst genommen wie einige andere junge Kollegen, die alle außer ihm wieder nach Österreich zurückkehrten, nur er blieb in China. Emma kam mit ihren beiden Töchtern am 25. August 1939 in Hongkong an und blieb dort einige Zeit, bevor sie nach Pakhoi weiterreiste. Aus einem Schreiben von Eugen Milch an die Missionsleitung, die um einen Bericht gebeten hatte, geht hervor, dass sie am 12. 9. 1939 noch immer nicht in Pakhoi eingetroffen war. Emma hatte keine Eile, schulte noch die Tochter Jorun in Hongkong ein. Tochter Jorun erinnert sich noch heute an die schöne Schuluniform, die sie lange aufgehoben hatte, besonders an den schönen Kragen.
Die vierköpfige Familie lebte dann in Pakhoi bis zum Einmarsch der Japaner. Künstlerisch war Emma gezwungen, mangels Holz zum Schneiden auf den Linolschnitt auszuweichen und erlernte die Pinselmalerei, ebenso den Schablonendruck. 1942, als die Japaner das Land besetzten, kam es zu einer abenteuerlichen Flucht der Familie, zuerst mit Schubkarren, dann mit kleinen Dschunken bis nach Kanton. Jorun Johns, die jüngere Tochter, kann sich noch gut an den Aufenthalt in Kanton erinnern. Sie war sehr hungrig und durstig und bekam unverständlicher Weise nur etwas geschälte Orange von der Mutter. Diese hatte in der Zwischenzeit erfahren, dass die Pest ausgebrochen war und vermied alle Infektionsquellen. Von Kanton erfolgte dann die Überfuhr mit einem großen Schiff nach Shanghai. Der Gatte, Eugen Milch, reiste ins Inland weiter, wo ihm wieder eine Stelle bei der Mission angeboten worden war. 1944 war er in Fukien tätig. Danach hatte er nur mehr sporadischen Kontakt mit seiner Gattin Emma, wenn diese ihre ältere Tochter Ute in Japan besuchte. Jorun sah ihren Vater mit 12 Jahren zum letzten Mal. Er starb am 20. März 1958 in Hongkong und vermachte seinen Körper der Anatomie, wie es in seiner Familie Tradition war.
Emma, die mit ihren Töchtern in Shanghai geblieben war, lernte über den Maler Friedrich Schiffer den Sinologen und Staatsrechtler Prof. Erwin Reifler kennen, der ihren Töchtern Chinesisch-Unterricht erteilte. Der österr. Gesandte Felix Stummvoll, ein pensionierter Arzt, unterstützte Emma auch. Er gründete nach der kommunistischen Besetzung die SACA, die Sino-Austrian Cultural Association. Der chinesische Schauspieler Mei Lan Fang beeindruckte Emma sehr, er stellte berühmte Frauenrollen dar. Von ihm gestaltete sie mehrere Holzschnitte und Serien des Theaterlebens. Emma lebte mit ihren Kindern längere Zeit in Shanghai Hongzhoui in einem Heim für deutsche Flüchtlingsfrauen aus Indonesien. Dieses sogenannte „Heim“ war für deutsche Frauen und Kinder organisiert, die aus niederländisch Indien (Sumatra) vertrieben und deren Männer per Schiff nach Deutschland gebracht worden waren.Während dieser Zeit unternahm Emma Reisen nach Suzhou, dem Venedig Chinas, Hangzhou und mit einem kleinem Flugzeug nach Peking. Das erforderte seinerzeit sehr viel Mut. Die Eindrücke all dieser abenteuerlichen Reisen sind in ihren Holz- und Linolschnitten für immer festgehalten.
1947 reiste Jorun zu ihren Tanten Eugenie und Elisabeth nach Berlin, um ein Studium zu beginnen. Emma blieb mit Uta in Shanghai zurück. 1948/49 erfolgte die Übersiedlung nach Hongkong wegen neuer Machtverhältnisse in China. Uta ging nach Tokio, wo sie auf Empfehlung eine Anstellung in einer österreichischen Einrichtung fand.
1950 unternahm Emma erstmalig wieder eine Reise nach Europa. Sie legte einen Zwischenstopp in Japan ein und besuchte ihre Tochter Uta in Tokio. In Berlin, bei den Schwestern Eugenie und Elisabeth, trafen sich dann die Familien Rohrdantz und Bormann, um die Hochzeit Utas mit Gerhard Schreck, einem österreichischen Kaufmann, zu feiern. Die Trauung wurde von Pastor Rohrdantz, einem Onkel Emmas, vorgenommen.
1952 kehrte Emma erstmals nach Klosterneuburg zurück. Sie musste bei Bekannten Quartier nehmen, da das Haus in der Buchberggasse noch mit einquartierten Leuten, die ihr völlig fremd waren, voll belegt war. Nach Bereinigung der Wohnsituation war dann das Elternhaus für die drei Bormann-Schwestern Emma, Eugenie und Elisabeth, wieder beliebter Treffpunkt und Feriendomizil für die heranwachsenden Kinder. Besonders für Emma bedeuteten die Aufenthalte in Klosterneuburg Rückzug und Erneuerung der Tatkraft. Auch die Tochter Jorun erinnert sich gerne an die sommerlichen Aufenthalte in Klosterneuburg.
Im April 1953 erfolgte dann die erste Austellung nach dem II. Weltkrieg in Österreich, im Schauraum der Österreichischen Staatsdruckerei in Wien. „Auf großer Fahrt – Weltpanorama, gesehen durch Künstleraugen“ war der Titel dieser großen, sehr erfolgreichen Personalausstellung, organisiert durch Hofrat Dr. Hans Ankwicz-Kleehoven. In denselben Räumlichkeiten fand 1968 zum 80. Geburtstag die Personalausstellung von Dr. Emma Bormann (Tokio) „Ein Leben im Dienst an der Kunst“ statt. Das Wiener Künstlerhaus zeigte 1963 Auslandsösterreicher, darunter Emma Bormann. 1968 nahm sie bereits als Mitglied des Wiener Künstlerhauses an den Ausstellungen zu dessen 100 Jahr Feiern teil. In Klosterneuburg war sie erstmals 1966 wieder zu sehen, bei der Jubiläumsausstellung des Künstlerbundes in noch 1971, 1972 und 1974 bereits posthum. Die Teilnahme 1972 erfolgte im Rahmen der Ausstellung des Landesverbandes der Niederösterreichischen Kunstvereine.
Bei ihrem ersten Besuch in Japan 1950 hatte sie ihre Liebe für dieses Land entdeckt und entschieden, ihre bevorzugte Residenz in Tokio aufzuschlagen. Aber das Klima, die feuchte Hitze, war für sie schwer erträglich, und so erfolgten ab 1960 regelmäßige Besuche bei der Tochter Jorun Johns in Riverside in Kalifornien. Hier hatten sowohl die Tochter, als auch der Schwiegersohn, Prof. Donald Johns, ein Musikwissenschaftler, Lehraufträge an der Universität in Riverside. Emma erholte sich dort dank des besseren, trockenen Klimas von ihrem Asthma- und Emphysembeschwerden und verbrachte deshalb immer mehr Zeit in Kalifornien, wo sie am 28. Dezember 1974 in Riverside verstarb. Ihre beiden letzten Lebensjahre verbrachte sie überwiegend in Kalifornien.
Ihre enorme Reisetätigkeit, die sie trotz angegriffener Gesundheit auch im Alter fortsetzte, und großzügig durch die Tochter Uta finanziell unterstützt, führte sie unter anderem nach Mexiko, Hongkong, Bangkok und Kambodscha mit künstlerisch festgehaltenen Reiseeindrücken. Die unverminderte Ausstellungstätigkeit weltweit festigte den künstlerischen Ruf international, die Ausstellungen in Wien und in Klosterneuburg brachten sie auch wieder dem österreichischen Publikum näher, festigten ihren Ruf als „die“ österreichische Holzschneiderin. Ihr Werk ist weltweit in den wichtigsten grafischen Sammlungen vertreten, aber gleichwohl dem privaten Sammler vertraut und beliebt. Dieses sehr umfangreiche Werk, bestehend aus vorwiegend Schwarz-Weiß- und Farbholzschnitten, Schwarz-Weiß -und Farblinolschnitten, ist heute wieder bei Jung und Alt äußerst beliebt. Dies spricht für die ungebrochene Aktualität ihrer Arbeitsweise.
Im Alter wurde das grafische Schaffen immer mehr durch die Ölmalerei ergänzt und schließlich ganz ersetzt, zu der sie der befreundete Maler Schiffer in Japan angeregt hatte. Denn es fiel ihr mit zunehmendem Alter das Schneiden ins Holz immer schwerer, insbesondere aber auch das Abziehen der Druckstöcke, wie sich Tochter Jorun erinnert. Die Radierungen (Abb. 14) sind seltener und aus früher Schaffensperiode, so wie Lithografien oder Aquarelle. Siebdrucke stammen aus späterer Zeit. Neben einigen Mappenwerken wie die Beethoven-Mappe und Serigrafien (z. B. über den japanischen Tanz) stechen ihre beiden Bücher über den Schilauf, mit eigenen Texten hervor. Das erste Skibuch „Brieflicher Lehrgang des Skilaufes für perfekte Läufer und solche, die es doch nie werden wollen“ erschien 1922 im Verlag der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst in Wien und war mit Holzschnitten ausgestattet. Das zweite Buch „Die vielgeliebten Ski. Neue Lieder zu alten Melodien“ war mit Scherenschnitten ausgestattet und erschien im Selbstverlag um 1933. Besonders ansprechend sind die Kalender, nach der Vorgabe der Mutter von der Tochter Uta zusammengestellt, die mit kleinen, aber umso liebevolleren Schwarz-Weiß-Holzschnitten auf Japanpapier ausgestattet sind. Zwei Exemplare aus dem Jahre 1953 und 1958 sind bekannt.
Zusammenfassend muss man Emma Bormann als eine der ersten selbständigen, unabhängigen, sich keinem persönlichen oder geistigem Diktat unterwerfenden Künstlerinnen beschreiben. Diese beinahe egomanische Denk- aber vor allem Handlungsweise, sich nicht durch familiäre Bindungen in der Ausübung ihrer Kunst einengen oder knebeln zu lassen, ist für das beginnende 20. Jh. für eine Frau äußerst ungewöhnlich. Für Emma war diese Position sicher nicht so hart zu erkämpfen gewesen wie für andere Frauen, denn ihre Erziehung, der offene Umgang mit Kunst und Wissenschaft im familiären und gesellschaftlichem Umfeld, erleichterten ihr das ungemein. Geprägt durch die Freundschaften mit KünstlerInnen und Wissenschaftlern, hatte sie auch das Glück, die richtigen Lehrmeister wie Franz Rumpler, Ludwig Michalek und Alfred Coßmann zu haben. All diese Faktoren ermöglichten die prachtvolle Entwicklung ihres Talentes. Auch der wertschätzende Umgang mit den Frauen im familiären Umfeld und Freundeskreis, so auch im VHKK, stärkten das künstlerische Selbstbewußtsein.