Der Bruch der Stiftskeller-Umfassungsmauer im Jahr 1864
Aus Dr. Albert Starzer "Geschichte der landesfürstlichen Stadt Klosterneuburg"
Der Schüttkasten um 1900
...Da stürzte am 27. September 1864 um 1/2 12 Uhr nachts ein
Theil des stiftlichen Kellereigartens sammt der nordwestlichen
Umfassungsmauer in einer Ausdehnung von 15 - 20 Metern in die
Tiefe. Schuttmassen und Trümmer des den Kellereigartens
einfassenden gußeisernen Gitters sperrten jede Passage. Es lag
aber auch die Vermuthung nahe, daß jemand unter dem Schutte
begraben liege. Durch Verwendung des Bezirksvorstehers Wilhelm
Edlen von Tepsern wurde von Seite des
Pionnier-Bataillons-Commandos bereitwilligst die erforderliche
Anzahl Soldaten geschickt, um die Abräumung nach Thunlichkeit
rasch zu vollziehen. Die letzte, welche die Stelle passiert
hatten, waren ein Rittmeister vom Depôt, der von der oberen
Stadt kam und zwei Cadetten, die in die obere Stadt giengen.
Ersterer erzählte, er habe, als er diese Stelle passierte, das
Gefühl gehabt, als ob jemand Sand nach ihm werfe. Kaum war er
einige Schritte entfernt, vernahm er hinter sich das Krachen
der einstürzenden Mauer. Er rief sogleich den beiden Cadetten
zu und erhielt von ihnen die Antwort, daß auch sie unversehrt
an dieser Stelle vorübergekommen seien.
Nachdem der Schutt entfernt war und sich herausgestellt hatte,
daß niemand verunglückt war, musste Sorge getragen werden, daß
der entstandene Schaden gutgemacht, weiteren ähnlichen
Unglücksfällen vorgebeugt werde. Zu diesem Zwecke wurde vom k.
k. Bezirksamte an den nächsten Tagen eine commissionelle
Verhandlung mit Beziehung des Bezirks- Bauingeniers von
Hietzing, Schumm, gepflogen, dessen Gutachten dahin lautete, daß
die ganze Mauer von der zur Hundskehle hinabführenden Stiege bis
zur Stätte, wo die Abrutschung stattfand, abgetragen werden
müsse. Niemand erhob gegen dieses Gutachten Protest und das
Stift beschloß, die Mauer, soweit dieselbe schadhaft war,
abzutragen und mit Benützung der festen Grundmauer eine neue
circa 2 Meter hohe Mauer aufzuführen, daß darauf befindliche
Erdreich unter einem Winkel von 40 - 45° zu böschen und die
Oberfläche mit einem hölzernen Geländer zu umgeben. Die Stadt
Hundskehle um 1900
Klosterneuburg wünschte bei dieser Gelegenheit, die ohnehin
enge Passage um circa 1 1/2 Meter zu erweitern, welcher Wunsch
trotz vieler hauptsächlich pecunärer Bedenken in Erfüllung
gieng. Am 23. October 1864 stellte die Stadtvertretung an den
Prälaten des Stiftes, Adam Schreck, die Bitte, er wolle die
zur Erweiterung der Straße erforderliche Grundfläche
unentgeltlich abtreten und auch einen Theil der
Herstellungskosten tragen. Prälat Schreck erklärte sich bereit,
die zur Straßen-Verbreiterung nöthige Grundfläche in einer
Breite von 3 1/2 Metern bis an die Ecke des Zehengruber'schen
Hauses (heute Hundskehle 9) unentgeltlich abzutreten und
überdies der Stadtgemeinde, welche die Herstellung der Mauer
übernahm, einen Beitrag von 1000 fl zu geben. Diese theilweise
Abtragung der alten Mauer, die Beseitigung des dadurch
gewonnenen Schuttmateriales und die Herstellung der neuen Mauer
war Aufgabe der Stadtgemeinde, welche weder Mühe noch Geldopfer
scheute, um allen an sie gestellten Anforderungen gerecht zu
werden. Um den Bau der aus trefflichem Material hergestellten
und daher dauerhaften Mauer that sich nebst der Stadt besonders
der k. k. pensionierte Oberst Bach Edler von Klarenbach hervor.
Am 9. Juli 1865 war die Arbeit vollendet, die Mauer auch mit
einem Mörtelanwurfe versehen, der im Voranschlage nicht enthalten
war. Die Kosten des Anwurfes betrugen 107 fl., welche Summe das
Stift der Gemeinde ersetzte. Zur Erinnerung wurde an der Mauer
eine Gedächtnistafel angebracht mit folgender Inschrift:
Inschrift in der Mauer an der Hundskehle
"Im Übereinkommen und unter Mitwirkung des hochwürdigen
Chorherrenstiftes Klosterneuburg hat die Gemeinde nach
Abtragung von 350 Cubikklafter Gestein und Erde den bestandenen
Engweg zur gegenwärtigen Straßenbreite erweitert und diese
Mauer aufgerichtet im Jahre: 1865."
Die damals geschaffene Gestalt der Hundskehle ist noch heute unverändert.