3. November 2011 im Stadtmuseum Klosterneuburg
Vorwort: Das Martinschlössel erfreute sich nach unserer Erfahrung (uns: das sind meine Frau Gerda und ich) viele Jahre hindurch eines seltsam diffusen Bekanntheitsgrads in der Klosterneuburger Bevölkerung - jeder wusste irgendetwas darüber, aber kaum einer etwas Konkretes):
Ein Großteil kannte „Das Martinschlössel“ zumindest dem Namen nach und wusste auch, wo es sich in etwa befindet - gleich neben der Martinskirche. Einige hatten auch gehört, dass das Objekt irgend etwas mit der „Familie Trapp“ aus dem amerikanischen Filmmusical-Welterfolg „The Sound of Music“ (deutschsprachiger Titel „Meine Lieder, meine Träume“) zu tun hat. Weiters war bekannt: Das Objekt war (oder ist vielleicht immer noch ?) ein Schlosshotel.
Was also hat es mit diesem märchenhaften Schloss in der Martinstraße nun tatsächlich auf sich ?
Wir beschlossen, dieser Frage nachzugehen, stöberten in Büchern und Grundbüchern (in Klosterneuburg, St. Pölten und Pirawarth), lasen alte Zeitungen, surften im Internet und befragten Zeitzeugen (unter anderen die vorletzte Schlossbesitzerin Frau Architekt Dipl.-Ing. Eva Emmer-Reissig im Altersheim).
Im Laufe unserer Recherchen stießen wir auf eine größere Menge schillernder und auch matt glänzender Persönlichkeiten, die dieses Schloss zeitweilig besessen oder oft auch nur bewohnt hatten.
Am Ende dieser Erkundigungstour durch fast 2.5 Jahrhunderte war erst einmal klar, was dieses Schlössel absolut nicht ist „Es handelt sich um keinen mittelalterlichen Herrensitz, der in die Gegenwart herübergerettet werden konnte, auch um keinen auf alt getrimmten neueren Bau“, sondern:
Es ist ein kleines spätbarockes Schloss aus der 2. Hälfte des 18. Jhdts. , also aus der Zeit Maria Theresias und ihres Sohnes Josef II.
Nun konnten wir versuchen die Ergebnisse unserer lokalhistorischen Ermittlungen über einer PowerPoint Präsentation so verständlich wie möglich weiterzugeben:
Ripke (auch Riepke) wurde 1723 in Meinersen bei Hannover geboren. Er trat bereits mit 17 Jahren in die k.k. Armee ein, diente zuerst im „Graf Schulenburgischen Regiment“, kämpfte mit diesem in Italien und am Rhein, und zeichnete sich später auch im Siebenjährigen Krieg aus. Wegen seiner hervorragenden Kenntnisse in der Mathematik und Mechanik wurde er nach dem Frieden von Hubertusburg (1763) zum ersten Kommandanten des Pontonierbatallions in Klosterneuburg ernannt. Später avancierte er noch zum Oberstleutnant und Oberbrückenhauptmann in Ungarn.
Mit seinem Dienstantritt in Klosterneuburg erwarb er eine Brandstatt ("Fleck") in der Enggasse (jetzt Martinsstraße) außerhalb des Enggassentores um hier einen Wohnsitz für seine Familie zu etablieren. Der Bau (wahrscheinlich nach eigenen Plänen), der dann zum Martinschlössel wurde, war 1766 vollendet und gehörte nach einer Eintragung im alten Urbar dem Ludwig Rudolf von Ripke und seiner Gemahlin Maria Theresia. Zu Cn. 472 erwarb das Ehepaar 1773 auch noch das Haus Cn. 473 (beide jetzt Martinsstraße 34).
Die voneinander getrennten Kellerräume des Bauwerks lassen darauf schließen, daß das "Martinsschlössel" über den Grundmauern einiger älterer, durch einen Brand zerstörter Hauerhäuser, errichtet wurde.
Gleichzeitig mit Ripkes übernahme des Kommandos in Klosterneuburg wurde hier auf die Initiative Ripkes und Anordnung des Hofkriegsrates eine Schiffswerft, die erste in ganz Österreich, errichtet, wobei der Befehlshaber mit seiner Kriegserfahrung als Berater zur Verfügung stand. Diese „Werfte“ befand sich nahe der Mündung des Weidlingbaches. Mit ihrem festen Personalstand (auch in Friedenszeiten) war sie schließlich die Vorstufe zum Aufbau einer Garnison für Pontoniere und später Pioniere in unserer Stadt.
Aus dem damals schwedischen Wismar holte Ripke den Schiffsbaumeister Erich Ahsberg zusammen mit mehreren Schiffsbau-Spezialisten sowie einer kompletten Hamburger Schiffsbesatzung. Das wahrscheinlich einzige hier (noch nach Hochseemuster) gebaute Holzschiff hieß nach persönlicher Anordnung von Josef II. „Maria Theresia“ und lief 1766 vom Stapel.
Die weiteren Bauten betrafen dann immer hölzerne Pontons (etwa 8m lange, 1,85m breite, flachbödige Holzschiffe), die für die Errichtung von Schwimmbrücken benötigt wurden und größere galeerenartige Schiffe mit wenig Tiefgang sogenannte Tschaiken — für das Tschaikistenbataillon in Ungarn (an der Theißmündung in die Donau stationiert).
Freiherr von Ripke wurde 1773 pensioniert und verlor traurigerweise seine beiden Töchter in der Blüte ihrer Jahre. Er übersiedelte im Alter nach Wien, wo er 1796, als Generalmajor und Ritter des Maria Theresienordens verstarb.
Nach dem Tod Ripkes wurde das "Martinsschlössel" auf Veranlassung des k.k. Generalkommandos als Konkursmasse außergerichtlich versteigert. Das Höchstangebot von 2500 Gulden leistete Oberst Graf von Fürnberg. Über die Person Fürnbergs ließ sich trotz großem Bemühen kaum etwas Konkretes in Erfahrung bringen, außer dass er wahrscheinlich 1742 geboren wurde und 1799, also nach Erwerb des Schlössels starb.
Im Österreichischen Militär-Almanach für das Jahr 1800 (Nr. XI) auf S. 264 findet sich eine Eintragung über den „Obersten in der Armée in Wien“ Josef. v. Fürnberg, derzufolge er am 13. September 1799 „alt 58 Jahre“ verstorben sei.
Das Grundbuch weist dann in den Jahren von 1799 bis 1843 verschiedene Besitzer aus, deren Biographien jedoch historisch nicht wirklich fassbar sind:
- 1799 Franz Übeleisen allein
- 1802 Frau Rosina Übeleisen Witwe
- 1802 Franz Xaver Burger allein
- 1810 Andreas Hauer, Frau Theresia
- 1811 Joseph Schlager, k.k Hofkirschner in Wien
- 1814 Frau Franziska Schlager allein
- 1816 Joseph Romani, Frau Justina
- 1832 Rudolph Heller
Nachdem der letzte Besitzer Rudolph Heller in die Dienste des Fürsten Liechtenstein getreten war und in weiterer Folge nach Gloggnitz übersiedelte, verkaufte er das Schloss an seinen Schwager Andreas Gredler. Dazu aus dem Tagebuch von Dr. Joseph Alexander Freiherr von Helfert, einem Historiker des 19/20. Jahrhunderts:
„Er stammte aus dem Zillertal, wo er als Bauernsohn am 1. Oktober 1802 in Hippach zur Welt kam. Er studierte Jus in Wien und wurde 1835 Hof-und Gerichtsadvokat.
Er besaß ein Braunkohle-Bergwerk in Parschlug in der Steiermark und war Teilbesitzer eines Bergwerkes in Sogor (Krain). In Parschlug errichtete er für seine Bergleute Wohnungen, eine Schule und ein Krankenhaus.
Bei der Revolution 1848 gründete er einen Tiroler Invaliden-Fonds, in den er selbst großzügigst spendete. Dafür wurde er in den Ritterstand erhoben.
Außerdem war er Reichstagsabgeordneter in Frankfurt am Main und in Wien. 1856 war er Gemeinderat des 1. Bezirkes in Wien, 1865-67 war er Landtagsabgeordneter in Tirol für den Landgemeindebezirk Rattenberg.
Beim Zollkongress 1851 sowie bei der ImmediatCommission 1859 war er juristisch als Ratgeber tätig. Auf Grund dieser weiteren Verdienste wurde er am 1. Februar 1869 zum Freiherrn erhoben. Er starb am 27. Februar 1870 in Wien.“
Der heute noch in Wien lebende Nachkomme Dr. Andreas Gredler-Oxenbauer schreibt über seinen Vorfahren und das Martinschlössel:
Er kaufte die Besitzungen im Jahre 1843 um 7000 Gulden und behielt sie bis zu seinem Tode am 27. Feber 1870. Sein Wappen ziert heute noch das Eingangsportal des Schlößchens.
Gredlers Tochter Julie war mit Geheimrat Joseph Freiherrn von Helfert, dem nachmaligen Eigentümer des Berchtesgadener Freihofes in der Agnesstraße 61, verheiratet. Das Ehepaar verbrachte die Sommermonate der Jahre 1880–1910 im Martinschlössel. Im Hause Gredlers verkehrte unter anderem auch gerne und oft der berühmte Maler August von Pettenkofen.
August Xaver Karl Ritter von Pettenkofen (* 10. Mai 1822 in Wien; † 21. März 1889 in Wien) war Maler, Lithograf, Illustrator und Karikaturist.
Er verbrachte den Sommer 1851 mit seiner Geliebten Julie Gredler im Martinschlössel, das er zur Erinnerung für seine Freundin in 3 Aquarellen des „Klosterneuburger Albums“ festhielt: Martinstraße, Salon, Donauniveau. Trotzdem: Wie das Leben oft so spielt, heiratete die verehrte Dame wenig später einen anderen.
Andreas von Gredlers Sohn Ludwig kam als Offizier der k.k. Armee zu großen Ehren. Geboren in Wien am 25. 8. 1831 trat er 1849 beim Infanterieregiment 49 in das Heer ein, kämpfte 1849 in Ungarn und nahm 1859 am Feldzug gegen Frankreich und Italien teil.
Bei der Verteidigung Südtirols 1866 wurde er als Hauptmann und Kommandant des 6. (Tiroler) Kaiserjäger-Bataillons im Gefecht am Monte Suello am 3. Juli mit dem Maria-Theresien-Orden ausgezeichnet. Aus diesem Anlass veranstaltete sein Vater am 29. 9. 1866 eine großartige Siegesfeier im Martinschlössel, über die der bereits erwähnte Historiker Dr. Joseph Alexander Freiherr von Helfert in seinem Tagebuch auch ausführlich berichtete.
Im Jahre 1869 hatte Andreas Freiherr von Gredler weitgehende Umbauten des Schlösschen begonnen, die nach seinem Tod unter der Besitznachfolge seiner Tochter Wilhelmine mit deren Kindern zu Ende geführt wurden. Diese Umbauten gaben dem Schloss im Wesentlichen das heute noch aktuelle Erscheinungsbild zumindest das der Ansicht von der Martinstraßenseite.
Die Tochter von Dr. Andreas Freiherr von Gredler wurde 1830 geboren, ehelichte den Advokaten Dr. Franz Oxenbauer und hatte mit ihm 5 Kinder: Adolf Oxenbauer, Franz Oxenbauer, Wilhelm Oxenbauer, Wilhelmine von Beck-Managetta und Lerchenau (geb. Oxenbauer), Ludwig Oxenbauer
Als Nachbesitzerin führte sie 1871 die Umbauten des Schlössels, die ihr Vater begonnen hatte, weiter. Dass dabei nicht alles reibungslos verlief, zeigt ein Einspruch der Gemeinde Klosterneuburg mit anschließender Baueinstellung wegen eines „verbotswidrigen“ Portals im neuen Haus 475 (Martinstr. 36).
So blieb Frau Oxenbauer nichts anderes übrig, als sich mit einem schriftlichen Ersuchen um die Anordnung eines „Lokalaugenscheins zwecks Erlaubnis zum Weiterbau an den „löblichen Magistrat“ unter Bürgermeister Rudolf Skall zu wenden.
Das Gesuch endete wie folgt:
... so stelle ich mit Rücksicht auf die Dringlichkeit dieses Baues,
durch welchen ich allein mein Haus zu erforderlichen Verschluße
bringen kann, die ergebenste Bitte:
Der löbliche Magistrat wolle sofort ämtlichen Augenschein dieses
beanständeten Baues unter Zuziehung meines Baumeisters Johann
Passini anordnen und mich hievon verständigen.
Mina Oxenbauer
geb. Freiin v. Gredler
Dem Ersuchen wurde wie heute ersichtlich ist schließlich stattgegeben.
Wilhelmine Oxenbauer verstarb 1883 und wurde in der Familiengruft im Friedhof Untere Stadt beigesetzt.
Nach dem Tod von Wilhelmine Oxenbauer geb. Freiin von Gredler, erbten die 5 Kinder, je 1/5 des Schlosses:
- Adolf Oxenbauer
- Franz Oxenbauer
- Wilhelm Oxenbauer
- Wilhelmine von Beck-Managetta und Lerchenau, geb. Oxenbauer
- Ludwig Oxenbauer
Der Witwer Dr. Franz Oxenbauer (* 1823, † 1896, Klosterneuburg) hatte den Fruchtgenuss von den 6/6 der Realität (d.h: Wohnrecht auf Lebenszeit und Recht, alle Nutzungen aus dem Grundstück zu ziehen).
(geb. Oxenbauer)
Die am 22.11.1860 geborene Oxenbauer-Tochter ehelichte Dr. Paul Alexander Freiherr Beck von Managetta und Lerchenau. Ihr Gatte, geb. am 15.6.1851 in Neutitschein (jetzt Novy Jicin, in Mähren) war geheimer Rat, Jurist und Sektionschef und schließlich Präsident des Patentamtes in Wien.
Als ihr Vater Dr. Franz Oxenbauer 1896 starb, hatte Wilhelmine bereits sämtliche Erbanteile ihrer Geschwister aufgekauft, sodass sie nun alleinige Besitzerin des Martinschlössels war.
1899 wurde am Schlössel eine Erhöhung der straßenseitigen Parapetmauer (Mauer vom Boden bis zur untersten Fensterkante) durchgeführt, wie aus einem Brief vom 12. Mai des damaligen Bürgermeister Leopold Medek an Herrn Paul Ritter Beck von Managetta hervorgeht.
Am 29. März 1920 erfolgte der Verkauf des Schlosses an Alice Gräfin Hoyos.
Dr. Paul Ritter Beck von Managetta und Lerchenau starb am 21. 6. 1921, seine Gattin am 31. 8. 1938.
Beide wurden im Familiengrab auf dem Friedhof Klosterneuburg Untere Stadt beigesetzt.
Das Adelsgeschlecht der Hoyos:
Das ursprünglich spanische Adelsgeschlecht Hoyos, benannt
nach dem Ort El Hoyo de Pinares in der Provinz Ávila,
lässt sich bis in das 9. Jahrhundert zurückverfolgen. Juan de Hoyos
wanderte mit seiner Familie bereits um 1525 im Gefolge des
späteren Kaisers Ferdinand I. nach Niederösterreich ein und
zählte damit zu den am frühesten im Lande nachweisbaren Spaniern.
Alice Gräfin Hoyos geb. Whitehead (* 31.01.1851 in Triest, † 18.01.1936 in Wien) war die Tochter von Robert Whitehead (* 3.1. 1823 in Bolton, England, † 14. Nov. 1905 in Worth), einem britischen Ingenieur und Konstrukteur, der zusammen mit Giovanni Luppis die ersten Torpedos mit eigenem Antrieb und Selbststeuerung entwickelte (1866). Damit schuf er für die österreich-ungarische Marine eine Waffe, die dann beide Weltkriege (im Besonderen den U-Boot Krieg) entscheidend beeinflusste.
1869 heiratet Alice Whitehead den österreich-ungarischen Adeligen Graf Georg Hoyos, Freiherr zu Stichsenstein (Sixtenstein (1842 – 1904).
Graf Georg Hoyos war der Kommandeur eines Kanonenbootes und nahm 1867 an den Tests des neuentwickelten Torpedos teil. So traf er die Tochter von Robert Whitehead, beendete sein Marineleben, heiratete Alice und begann seine Arbeit in der Fabrik in Fiume (Rijeka).
1872 kaufte Robert Whitehead mit seinem Partner und Schwiegersohn Graf Georg Hoyos die Fabrik und sie nannten sie “Silurifico Whitehead“ und 1875 dann später „Torpedofabrik Whitehead“. John Whitehead, Roberts ältester Sohn, der seinem Vater schon bei der Entwicklung des Torpedos behilflich war, wurde als Direktor angestellt. Doch er verstarb unerwartet im Jahr 1902. Die Geschäfte führte nun Graf Hoyos, doch auch er starb kurz darauf im Jahr 1904.
Die Familienbande mit Graf Hoyos waren ein beträchtlicher Bonus, da dieser ein Mitglied einer alten k.k. Adelsfamilie war mit beträchtlichen Kontakten und Einfluss.
Die Tochter aus der Ehe von Alice mit dem Grafen, Marguerite Hoyos, heiratete den Sohn des deutschen Reichskanzlers, Herbert von Bismarck.
Eine weitere Enkelin von Robert Whitehead, Agathe (1890-1922), ehelichte den später als Vater der Trapp Familie berühmt gewordenen U-Boot-Kapitän Georg Ludwig von Trapp.
29.3.1920 kaufte Alice Gräfin Hoyos das Martinschlössel von Frau Wilhelmine Beck von Mannagetta und Lerchenau.
Der Kauf beinhaltete die Realität samt dem darauf stehenden Martinschlössel und den sonstigen Gebäuden und allem Zubehör. Ausserdem ist die gesamte in diesen Baulichkeiten befindliche Wohnungseinrichtung, sowie alle dort befindlichen Fährnisse mitverkauft, mit Ausnahme jener Fährnisse, die sich in den beiden von Herrn Wilfried Beck bewohnten Zimmern befinden....
21.10.1920 erfolgt der Verkauf des Martinschlössels an Alices Neffen Robert Whitehead.
1921 bis 1925 bewohnt von Familie Trapp
Robert Whitehead (*1. 4. 1893 in Fiume † 27.02.1961 in Venedig) war der Neffe der Schlössel-Vorbesitzerin Alice Gräfin Hoyos (geb. Whitehead)
Eltern: |
John Whitehead (* 1854 † 1902 ) und
Agathe Whitehead geb. Gräfin Breunner-Enkevoirt (* 18.7.1859 in Grafenegg † 7.1.1945 in Klosterneuburg) Grab auf dem Martinsfriedhof in Klosterneuburg) |
Großvater: | Robert Whitehead (*1823 † 1905), der Torpedo-Erfinder |
Schwester: | Agatha von Trapp geb. Whitehead (* 1891 † 1922 in Klosterneuburg, Grab im Friedhof Untere Stadt) verh. mit Georg Ludwig Ritter v. Trapp (*1880 Zadar † 1947 in Boston) |
21.10.1920 Kaufvertrag zum Martinschlössel (Robert wohnte nicht hier sondern: Singerstr. 16 – Breunner-Palais, Haus in Ungarn ?)
1921 Zuzug von Verwandten: Die Familie Trapp
Exkurs 1: Roberts Schwager Georg von Trapp – Beruflicher
Werdegang:
|
Exkurs 2: Die Familie Trapp/Whitehead |
Georg und Agathe begegneten einander in Pola (Hafen der k.k. Kriegsmarine). Georg von Trapp wurde dort das Kommando eines der ersten U-Boote übertragen, welches die österreichische Marine in Dienst stellte. Die junge Dame, welche dieses U-Boot taufte, war Agathe Whitehead, die Tochter des Torpedofabrikanten und Werftbesitzers John Whitehead und Enkelin des Erfinders des Torpedos. Auf dem darauffolgenden Ball lernten sie einander näher kennen und heirateten bald darauf. 10. 01. 1911 Agathe Whitehead und Georg Ludwig von Trapp heiraten. 1911 bis 1913 Geburt der Kinder Rupert und Agathe in Pola Zu Beginn des 1. Weltkrieges zog Agathe mit den beiden Kindern zu ihrer Mutter, auf das Gut "Erlhof" in Zell am See. Dort kamen weitere Kinder zur Welt: Maria, Werner, Hedwig und Johanna. Wegen Platzmangels übersiedelt die Familie in das "Hotel Kitzsteinhorn“ direkt am Zeller See, das aber nach einer großen Überflutung nicht mehr bewohnbar wurde. Da bietet Agathes jüngster Bruder, Robert Whitehead, der Familie seinen Besitz in Klosterneuburg als Domizil an. Onkel "Bobbys“ Besitz, das Martinschlössel war in ausgezeichneter Verfassung, mit einem Verwalterhaus, einem Glashaus, einem Obstgarten und einem großen Garten. Das Schlössel war allerdings nicht möbliert. |
(Anm.: Robert Whitehead hatte das Martinschlössel im Oktober 1920 von seiner Tante Alice Hoyos gekauft und noch vor Ankunft der Trapps mehrere Bauarbeiten im Schlossbereich von der Firma Josef und Carl Schömer aus Klosterneuburg durchführen lassen):
Martinstraße 34 (Hauptgebäude):- Okt. 1920 Russische Rauchfänge
- Nov 1920 Errichtung eines Wasserreservoirs
Neubau eines Wasserturms - Jan 1921 ein Brunnenhaus im Garten
- März 1921 Zubauten bei Glashäusern und Schweinestall
- Juni 1921 Adaptierungen und Mansardenaufbau
|
In den nächsten Jahren waren folgende zur Familie Whitehead gehörenden Personen (oft auch mit Unterbrechungen) an der Adresse Martinstraße 34 (Martinsschlössel) gemeldet:
ab 1925 |
Robert Whitehead - der Besitzer (britischer
Staatsbürger) Agathe Whitehead geb. Gräfin Breunner - seine Mutter Constanze Trapp – die Witwe von Werner von Trapp, dem Bruder von Georg von Trapp Constanze Trapp – die Tochter der oben Genannten |
ab 1933 | Ann Whitehead, die Gattin von Robert Whitehead |
ab 1938 | Joan Whitehead, die jüngste Schwester von Robert Whitehead (*10. 9. 1899, † 2. 11. 1985 in Zell am See, überführt in das Familiengrab im Friedhof Untere Stadt |
ab 1939 | Robert Whitehead (mit Gattin Anne) verlässt das Martinsschlössel. |
1941 | Constanze Trapp heiratet Herbert Herberstein und verläßt das Martinsschlössel |
1943 | Laut einem Schreiben vom Reichsstatthalter in Wien ist Robert Whitehead zu dieser Zeit als englischer Staatsbürger in Italien interniert. Das Schreiben geht zu Handen des Feindvermögensverwalters Herrn Dr. Wilhelm Hemerka mit dem Inhalt, dass Teile des Objekts als Denkmal zu betrachten sind, an dessen Erhaltung ein öffentliches Interesse besteht und unter Denkmalschutz gestellt werden. Die Zerstörung sowie jede Veränderung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Reichsstatthalters |
1945 |
Agathe Whitehead, geb. Gräfin Breunner-Enkevoirt stirbt
und wird im Familiengrab auf dem Martinsfriedhof
bestattet. Joan Whitehead verläßt nach dem Einmarsch der Russen gemeinsam mit ihrer Freundin Lisa das Martinschlössel Richtung Schweiz. |
1941 | Dem Branchenverzeichnis des Österreichischen Gewerbebundes von 1935 ist zu entnehmen, dass die Tischlerei Josef Bina in der Martinstraße 36 ihre Tätigkeit ausübt. Die Familie Bina wohnte seit August 1939 in der Martinstraße 36/2/1/1 bis November 1957 (lt. vorhandener Meldezettel). |
1941 |
stellt die Bau- und Möbeltischlerei Josef Bina ein Ansuchen
um Baubewilligung für einen neuen Eingang straßenseitig.
|
1961 |
Robert Whitehead stirbt in Venedig, wo auch sein
Wohnsitz war. Sein Stiefsohn George Morton erbt das Martinschlössel. |
George Morton ist der Stiefsohn von Robert Whitehead, beide wohnhaft in Venedig.
Nach dem Tod von Robert Whitehead am 27.02.1961 ist auf Grund des Testaments und nach den Ergebnissen der Verlassenschaftsabhandlung das Eigentumsrecht auf dessen Stiefsohn übergegangen (ohne Inventar)
1962 Verkauf des Schlössels an Dr. Emmer-Reissig
Durch den Kaufvertrag vom 19.12.1962 gelangte Mag. Dr. Herwig Emmer-Reissig in den Besitz des Martinschlössels. Seine Familie stammt aus Neutitschein (heute Novy Jičin) in Mähren, wo sein Vater Professor und Oberstudiendirektor war. Herwig wurde dort am 12.10.1921 geboren. Er studierte Rechtswissenschaften und heiratete in Wien Frau Arch. Dipl.-Ing. Eva von Nottes.
1963 Durch ein Inserat aufmerksam gemacht, besichtigte (ursprüngl. für Nadja Tiller) und kaufte Dr. Emmer-Reissig das Schlössel für den Eigenbedarf. Der Schömer-Zubau bestand aus Aussenmauern, Fenster und Dach, innen aber noch im Rohbau mit Rohputz.
Der ehemalige Butler von Robert Whitehead, Lajos Boszenik und seine Frau Rosa hatten eine Wohnung im Altbau auf Lebenszeit, ebenso ein ehemaliger Hausknecht. Der Trakt Martinstraße 36 enthielt 3 Mieter, in deren Verträge der Käufer eintrat. Es gab keinen Gasanschluss und keine Kanalanbindung (drei Senkgruben).
Das Ehepaar Emmer-Reissig besaß in Wien einige Hotels, die ständig überlastet waren, so dass sie das Schlössel provisorisch für eine deutsche Reisegruppe adaptierten, die zu Pfingsten dort nächtigte. Die Gruppe war begeistert und die Gruppenbesuche wiederholten sich vierzehntägig. Es kamen auch amerikanische Gruppen und mit diesen Einnahmen wurde das Schlössel weiter aus- und umgebaut (Frau Emmer-Reissig war Architektin!).
So entstand nach und nach das „Schlosshotel Martinschloss“ der internationalen Luxusklasse mit 75 Betten.
Die Privatwohnung befand sich im alten Trakt (Südflügel). Das Personal wohnte teils im Schlössel und teils in den Wirtschaftsgebäuden.
- 01.11.1968 – 10.07.1984 Herr Mag. Dr. Herwig
Emmer-Reissig hat auf dem genannten Standort eine
Hundezucht geführt und war als Jagdvermittler
tätig
- 01.11.1971 – 31.10.1987 Fr. Arch. Dipl.-Ing.
Eva Emmer- Reissig führt das Hotel
Dazu aus einem Artikel „Auf dem Trip zu Trapp“ der Wiener Zeitung vom 20. November 1977
…. John Whitehead, spitzbärtiger Gentleman der neunziger Jahre. Die Porträtbüste des zugewanderten Briten steht in einem Stiegenaufgang, der aus Holzteilen der Kommandobrücke eines venezianischen Segelschiffes gefügt ist.....
Das Gästebuch des Hauses wurde leider gestohlen, aber laut Frau Emmer-Reissig und der Hausdame, Frau Maria Mohorko, waren u.a. folgende prominente Personen aus den unterschiedlichsten Bereichen zu Gast:
RENN-SPORT:- die Formel-I-Weltmeister Jim Clark, Jackie Stewart und Jack Brabham, das gesamte Team der Formel II-Rennfahrer mit ihren Crews während der Autorennen in Langenlebarn
- Hans Joachim Kulenkampff, Roy Black
- Peter Patzak (zu Dreharbeiten in der Bibliothek)
- Bundeskanzler Sinowatz, Min. Steyrer, Frau Min. Rehor gemeinsam mit Prof. Konrad Lorenz, GenDir. Lötsch vom Naturhist. Museum Wien, Prof. Festetic
KÜNSTLER:
- Lesungen mit Frau Joe Harriet
- der Sportfischer unter Vorsitz von Minister Lacina
- wöchentliche BRIDGE-NACHMITTAGE
aber auch:
- Sohn der damaligen Gesundheitsministerin Dr. Leodolter
diverse japanische Hochzeiten
BESONDERS ZU ERWÄHNEN:
- Jährlicher Besuch zu Allerheiligen von Dr. Rupert Trapp aus den USA, ein Sohn von Baron Georg von Trapp aus 1. Ehe, zum Besuch des Grabes seiner Mutter Agathe von Trapp auf dem Martinsfriedhof. Er hielt immer Andacht im Zimmer 26, dem Sterbezimmer seiner Mutter.
- Frau Johanna Winter geb. von Trapp, eine der Töchter von Georg von Trapp aus 1. Ehe, die in Wien verheiratet war.
- im Spätsommer 1987 die gesamte Familie von HABSBURG (Dankschreiben vom 10. September 1987 von Otto von Habsburg)
- Hundezucht weiter unter Frau Emmer-Reissig: Kurzhaardackel mit Preisen von Weltgeltung aber auch Japanische Schoßhündchen (JAPAN CHIN, 28 cm, 6kg)
Dr. Emmer-Reissig war Gerichtsdolmetscher (Tschechisch und Slowakisch) und Generalkonsul von Panama. Anwaltskanzlei, Dolmetschbüro, Sekretariat und Konsulat waren im 1. Stock eingerichtet.
19.10.1987 erfolgte die Gewerbezurücklegung- Martinstraße 34 ist nurmehr ein Privathaus, bewohnt von Herrn Dr. Emmer- Reissig und Frau mit Anwaltskanzlei des Dr. Emmer-Reissig und den entsprechenden Büroräumlichkeiten.
- Die Zimmer im Schlössel und in den Wirtschaftsgebäuden wurden privat auf monatlicher Basis vermietet, großteils an Tschechen und Slowaken, die als Übersetzungshilfen deklariert waren.
12.09.2006 – 10.10.2006 Frühstückspension von Fr. Emmer-Reissig angemeldet
17. Feb. 2007: Brand in Martinstr. 36:
- Baby mit Rauchgasvergiftung aus Flammen gerettet
7. April 2007: Dr. Herwig Emmer-Reissig stirbt im Krankenhaus Tulln.
2008 An der Adresse Martinstraße 34 ist nur Frau Emmer-Reissig mit Hauptwohnsitz gemeldet und zwar seit 18.09.1963.
26. 11. 2010 Verkauf des Martinschlössels durch Frau Arch. Dipl.-Ing. Eva Emmer-Reissig
Die neue Besitzerin beabsichtigt das Martinschlössel nach seiner kompletten Sanierung und Restaurierung vorwiegend als privaten Familiensitz zu nutzen.
Rundgang um das Schloss vor der Restaurierung im Mai 2011