Das Martinschlössel in Klosterneuburg

Notizblock Notizen zum Vortrag von Gerda und DI Heinz KÖFINGER am
3. November 2011 im Stadtmuseum Klosterneuburg



HINWEIS : Alle Bilder lassen sich durch Anklicken vergrößern!

Vorwort: Das Martinschlössel erfreute sich nach unserer Erfahrung (uns: das sind meine Frau Gerda und ich) viele Jahre hindurch eines seltsam diffusen Bekanntheitsgrads in der Klosterneuburger Bevölkerung - jeder wusste irgendetwas darüber, aber kaum einer etwas Konkretes):

Ein Großteil kannte „Das Martinschlössel“ zumindest dem Namen nach und wusste auch, wo es sich in etwa befindet - gleich neben der Martinskirche. Einige hatten auch gehört, dass das Objekt irgend etwas mit der „Familie Trapp“ aus dem amerikanischen Filmmusical-Welterfolg „The Sound of Music“ (deutschsprachiger Titel „Meine Lieder, meine Träume“) zu tun hat. Weiters war bekannt: Das Objekt war (oder ist vielleicht immer noch ?) ein Schlosshotel.

Was also hat es mit diesem märchenhaften Schloss in der Martinstraße nun tatsächlich auf sich ?

Wir beschlossen, dieser Frage nachzugehen, stöberten in Büchern und Grundbüchern (in Klosterneuburg, St. Pölten und Pirawarth), lasen alte Zeitungen, surften im Internet und befragten Zeitzeugen (unter anderen die vorletzte Schlossbesitzerin Frau Architekt Dipl.-Ing. Eva Emmer-Reissig im Altersheim).

Im Laufe unserer Recherchen stießen wir auf eine größere Menge schillernder und auch matt glänzender Persönlichkeiten, die dieses Schloss zeitweilig besessen oder oft auch nur bewohnt hatten.

Am Ende dieser Erkundigungstour durch fast 2.5 Jahrhunderte war erst einmal klar, was dieses Schlössel absolut nicht ist „Es handelt sich um keinen mittelalterlichen Herrensitz, der in die Gegenwart herübergerettet werden konnte, auch um keinen auf alt getrimmten neueren Bau“, sondern:

Es ist ein kleines spätbarockes Schloss aus der 2. Hälfte des 18. Jhdts. , also aus der Zeit Maria Theresias und ihres Sohnes Josef II.

Nun konnten wir versuchen die Ergebnisse unserer lokalhistorischen Ermittlungen über einer PowerPoint Präsentation so verständlich wie möglich weiterzugeben:




1766 bis 1799   Wilhelm Rudolph Freiherr von Ripke

Ripke (auch Riepke) wurde 1723 in Meinersen bei Hannover geboren. Er trat bereits mit 17 Jahren in die k.k. Armee ein, diente zuerst im „Graf Schulenburgischen Regiment“, kämpfte mit diesem in Italien und am Rhein, und zeichnete sich später auch im Siebenjährigen Krieg aus. Wegen seiner hervorragenden Kenntnisse in der Mathematik und Mechanik wurde er nach dem Frieden von Hubertusburg (1763) zum ersten Kommandanten des Pontonierbatallions in Klosterneuburg ernannt. Später avancierte er noch zum Oberstleutnant und Oberbrückenhauptmann in Ungarn.


Federzeichnung

Federzeichnung, um 1780 Stiftsarchiv

Werft

Werft, Pioniermuseum Klosterneuburg

Mit seinem Dienstantritt in Klosterneuburg erwarb er eine Brandstatt ("Fleck") in der Enggasse (jetzt Martinsstraße) außerhalb des Enggassentores um hier einen Wohnsitz für seine Familie zu etablieren. Der Bau (wahrscheinlich nach eigenen Plänen), der dann zum Martinschlössel wurde, war 1766 vollendet und gehörte nach einer Eintragung im alten Urbar dem Ludwig Rudolf von Ripke und seiner Gemahlin Maria Theresia. Zu Cn. 472 erwarb das Ehepaar 1773 auch noch das Haus Cn. 473 (beide jetzt Martinsstraße 34).

Die voneinander getrennten Kellerräume des Bauwerks lassen darauf schließen, daß das "Martinsschlössel" über den Grundmauern einiger älterer, durch einen Brand zerstörter Hauerhäuser, errichtet wurde.

Gleichzeitig mit Ripkes übernahme des Kommandos in Klosterneuburg wurde hier auf die Initiative Ripkes und Anordnung des Hofkriegsrates eine Schiffswerft, die erste in ganz Österreich, errichtet, wobei der Befehlshaber mit seiner Kriegserfahrung als Berater zur Verfügung stand. Diese „Werfte“ befand sich nahe der Mündung des Weidlingbaches. Mit ihrem festen Personalstand (auch in Friedenszeiten) war sie schließlich die Vorstufe zum Aufbau einer Garnison für Pontoniere und später Pioniere in unserer Stadt.


Fregatte

IMS "Maria Theresia", Pioniermuseum Klbg.

Tschaiken

Tschaike, Pioniermuseum Klbg.

Aus dem damals schwedischen Wismar holte Ripke den Schiffsbaumeister Erich Ahsberg zusammen mit mehreren Schiffsbau-Spezialisten sowie einer kompletten Hamburger Schiffsbesatzung. Das wahrscheinlich einzige hier (noch nach Hochseemuster) gebaute Holzschiff hieß nach persönlicher Anordnung von Josef II. „Maria Theresia“ und lief 1766 vom Stapel.

Die weiteren Bauten betrafen dann immer hölzerne Pontons (etwa 8m lange, 1,85m breite, flachbödige Holzschiffe), die für die Errichtung von Schwimmbrücken benötigt wurden und größere galeerenartige Schiffe mit wenig Tiefgang sogenannte Tschaiken — für das Tschaikistenbataillon in Ungarn (an der Theißmündung in die Donau stationiert).

Freiherr von Ripke wurde 1773 pensioniert und verlor traurigerweise seine beiden Töchter in der Blüte ihrer Jahre. Er übersiedelte im Alter nach Wien, wo er 1796, als Generalmajor und Ritter des Maria Theresienordens verstarb.



1799 bis 1843   Oberst Josef Freiherr von Fürnberg + Nachfolger

Nach dem Tod Ripkes wurde das "Martinsschlössel" auf Veranlassung des k.k. Generalkommandos als Konkursmasse außergerichtlich versteigert. Das Höchstangebot von 2500 Gulden leistete Oberst Graf von Fürnberg. Über die Person Fürnbergs ließ sich trotz großem Bemühen kaum etwas Konkretes in Erfahrung bringen, außer dass er wahrscheinlich 1742 geboren wurde und 1799, also nach Erwerb des Schlössels starb.

Im Österreichischen Militär-Almanach für das Jahr 1800 (Nr. XI) auf S. 264 findet sich eine Eintragung über den „Obersten in der Armée in Wien“ Josef. v. Fürnberg, derzufolge er am 13. September 1799 „alt 58 Jahre“ verstorben sei.

Grundbuch

Grundbuchauszug über Joseph Freiherr von Fürnberg

Das Grundbuch weist dann in den Jahren von 1799 bis 1843 verschiedene Besitzer aus, deren Biographien jedoch historisch nicht wirklich fassbar sind:



1843 bis 1870   Dr. Andreas Freiherr von Gredler

Nachdem der letzte Besitzer Rudolph Heller in die Dienste des Fürsten Liechtenstein getreten war und in weiterer Folge nach Gloggnitz übersiedelte, verkaufte er das Schloss an seinen Schwager Andreas Gredler. Dazu aus dem Tagebuch von Dr. Joseph Alexander Freiherr von Helfert, einem Historiker des 19/20. Jahrhunderts:

Gredler Portrait
Dr. Andreas Freiherr von Gredler
Familienwappen
Familienwappen über dem Schlosseingang

„Er stammte aus dem Zillertal, wo er als Bauernsohn am 1. Oktober 1802 in Hippach zur Welt kam. Er studierte Jus in Wien und wurde 1835 Hof-und Gerichtsadvokat.

Er besaß ein Braunkohle-Bergwerk in Parschlug in der Steiermark und war Teilbesitzer eines Bergwerkes in Sogor (Krain). In Parschlug errichtete er für seine Bergleute Wohnungen, eine Schule und ein Krankenhaus.

Bei der Revolution 1848 gründete er einen Tiroler Invaliden-Fonds, in den er selbst großzügigst spendete. Dafür wurde er in den Ritterstand erhoben.

Außerdem war er Reichstagsabgeordneter in Frankfurt am Main und in Wien. 1856 war er Gemeinderat des 1. Bezirkes in Wien, 1865-67 war er Landtagsabgeordneter in Tirol für den Landgemeindebezirk Rattenberg.

Beim Zollkongress 1851 sowie bei der ImmediatCommission 1859 war er juristisch als Ratgeber tätig. Auf Grund dieser weiteren Verdienste wurde er am 1. Februar 1869 zum Freiherrn erhoben. Er starb am 27. Februar 1870 in Wien.“

Der heute noch in Wien lebende Nachkomme Dr. Andreas Gredler-Oxenbauer schreibt über seinen Vorfahren und das Martinschlössel:

Er kaufte die Besitzungen im Jahre 1843 um 7000 Gulden und behielt sie bis zu seinem Tode am 27. Feber 1870. Sein Wappen ziert heute noch das Eingangsportal des Schlößchens.

Gredlers Tochter Julie war mit Geheimrat Joseph Freiherrn von Helfert, dem nachmaligen Eigentümer des Berchtesgadener Freihofes in der Agnesstraße 61, verheiratet. Das Ehepaar verbrachte die Sommermonate der Jahre 1880–1910 im Martinschlössel. Im Hause Gredlers verkehrte unter anderem auch gerne und oft der berühmte Maler August von Pettenkofen.

Pettenkofen Portrait
August Xaver Karl
Ritter von Pettenkofen
Aquarell 1
Martinstraße, Aquarell, Stiftsmuseum Klosterneuburg

August Xaver Karl Ritter von Pettenkofen (* 10. Mai 1822 in Wien; † 21. März 1889 in Wien) war Maler, Lithograf, Illustrator und Karikaturist.

Er verbrachte den Sommer 1851 mit seiner Geliebten Julie Gredler im Martinschlössel, das er zur Erinnerung für seine Freundin in 3 Aquarellen des „Klosterneuburger Albums“ festhielt: Martinstraße, Salon, Donauniveau. Trotzdem: Wie das Leben oft so spielt, heiratete die verehrte Dame wenig später einen anderen.

Auarell: Salon
Aquarell: Salon, Stiftsmuseum Klosterneuburg
Aquarell Donauneau
Aquarell: Donauniveau, Stiftsmuseum Klbg.

Andreas von Gredlers Sohn Ludwig kam als Offizier der k.k. Armee zu großen Ehren. Geboren in Wien am 25. 8. 1831 trat er 1849 beim Infanterieregiment 49 in das Heer ein, kämpfte 1849 in Ungarn und nahm 1859 am Feldzug gegen Frankreich und Italien teil.

Bei der Verteidigung Südtirols 1866 wurde er als Hauptmann und Kommandant des 6. (Tiroler) Kaiserjäger-Bataillons im Gefecht am Monte Suello am 3. Juli mit dem Maria-Theresien-Orden ausgezeichnet. Aus diesem Anlass veranstaltete sein Vater am 29. 9. 1866 eine großartige Siegesfeier im Martinschlössel, über die der bereits erwähnte Historiker Dr. Joseph Alexander Freiherr von Helfert in seinem Tagebuch auch ausführlich berichtete.

Im Jahre 1869 hatte Andreas Freiherr von Gredler weitgehende Umbauten des Schlösschen begonnen, die nach seinem Tod unter der Besitznachfolge seiner Tochter Wilhelmine mit deren Kindern zu Ende geführt wurden. Diese Umbauten gaben dem Schloss im Wesentlichen das heute noch aktuelle Erscheinungsbild zumindest das der Ansicht von der Martinstraßenseite.



1870 bis 1883   Wilhelmine Oxenbauer geb. Freiin von Gredler

Die Tochter von Dr. Andreas Freiherr von Gredler wurde 1830 geboren, ehelichte den Advokaten Dr. Franz Oxenbauer und hatte mit ihm 5 Kinder: Adolf Oxenbauer, Franz Oxenbauer, Wilhelm Oxenbauer, Wilhelmine von Beck-Managetta und Lerchenau (geb. Oxenbauer), Ludwig Oxenbauer

Auarell: Salon
Familie Oxenbauer, Silberne Hochzeit 1880
Aquarell Donauneau
Umbau, vom Donauniveau

Als Nachbesitzerin führte sie 1871 die Umbauten des Schlössels, die ihr Vater begonnen hatte, weiter. Dass dabei nicht alles reibungslos verlief, zeigt ein Einspruch der Gemeinde Klosterneuburg mit anschließender Baueinstellung wegen eines „verbotswidrigen“ Portals im neuen Haus 475 (Martinstr. 36).

So blieb Frau Oxenbauer nichts anderes übrig, als sich mit einem schriftlichen Ersuchen um die Anordnung eines „Lokalaugenscheins zwecks Erlaubnis zum Weiterbau an den „löblichen Magistrat“ unter Bürgermeister Rudolf Skall zu wenden.

Das Gesuch endete wie folgt:
... so stelle ich mit Rücksicht auf die Dringlichkeit dieses Baues, durch welchen ich allein mein Haus zu erforderlichen Verschluße bringen kann, die ergebenste Bitte:
Der löbliche Magistrat wolle sofort ämtlichen Augenschein dieses beanständeten Baues unter Zuziehung meines Baumeisters Johann Passini anordnen und mich hievon verständigen. Mina Oxenbauer
geb. Freiin v. Gredler

Dem Ersuchen wurde wie heute ersichtlich ist schließlich stattgegeben.

Wilhelmine Oxenbauer verstarb 1883 und wurde in der Familiengruft im Friedhof Untere Stadt beigesetzt.

Familiengruft
Familiengruft, Friedhof Untere Stadt
Grabinschrift
Grabinschrift



1883 bis 1896   Witwer Dr. Franz Oxenbauer und seine Kinder

Nach dem Tod von Wilhelmine Oxenbauer geb. Freiin von Gredler, erbten die 5 Kinder, je 1/5 des Schlosses:

Der Witwer Dr. Franz Oxenbauer (* 1823, † 1896, Klosterneuburg) hatte den Fruchtgenuss von den 6/6 der Realität (d.h: Wohnrecht auf Lebenszeit und Recht, alle Nutzungen aus dem Grundstück zu ziehen).



1883 bis 1896   Wilhelmine von Beck-Managetta und Lerchenau
(geb. Oxenbauer)

Die am 22.11.1860 geborene Oxenbauer-Tochter ehelichte Dr. Paul Alexander Freiherr Beck von Managetta und Lerchenau. Ihr Gatte, geb. am 15.6.1851 in Neutitschein (jetzt Novy Jicin, in Mähren) war geheimer Rat, Jurist und Sektionschef und schließlich Präsident des Patentamtes in Wien.

Familienwappen
Familienwappen, v. Managetta und Lerchenau
Schloessel
Schlössel , Martinstraße

Als ihr Vater Dr. Franz Oxenbauer 1896 starb, hatte Wilhelmine bereits sämtliche Erbanteile ihrer Geschwister aufgekauft, sodass sie nun alleinige Besitzerin des Martinschlössels war.

1899 wurde am Schlössel eine Erhöhung der straßenseitigen Parapetmauer (Mauer vom Boden bis zur untersten Fensterkante) durchgeführt, wie aus einem Brief vom 12. Mai des damaligen Bürgermeister Leopold Medek an Herrn Paul Ritter Beck von Managetta hervorgeht.

Am 29. März 1920 erfolgte der Verkauf des Schlosses an Alice Gräfin Hoyos.

Dr. Paul Ritter Beck von Managetta und Lerchenau starb am 21. 6. 1921, seine Gattin am 31. 8. 1938.

Familiengruft
Familiengruft, Friedhof Untere Stadt
Grabinschrift
Grabinschrift

Beide wurden im Familiengrab auf dem Friedhof Klosterneuburg Untere Stadt beigesetzt.



März bis Oktober 1920   Alice Gräfin Hoyos

Das Adelsgeschlecht der Hoyos:
Das ursprünglich spanische Adelsgeschlecht Hoyos, benannt nach dem Ort El Hoyo de Pinares in der Provinz Ávila, lässt sich bis in das 9. Jahrhundert zurückverfolgen. Juan de Hoyos wanderte mit seiner Familie bereits um 1525 im Gefolge des späteren Kaisers Ferdinand I. nach Niederösterreich ein und zählte damit zu den am frühesten im Lande nachweisbaren Spaniern.

Hoyos-Wappen
Familienwappen der Hoyos
Grabinschrift
Robert Whitehead sen.

Alice Gräfin Hoyos geb. Whitehead (* 31.01.1851 in Triest, † 18.01.1936 in Wien) war die Tochter von Robert Whitehead (* 3.1. 1823 in Bolton, England, † 14. Nov. 1905 in Worth), einem britischen Ingenieur und Konstrukteur, der zusammen mit Giovanni Luppis die ersten Torpedos mit eigenem Antrieb und Selbststeuerung entwickelte (1866). Damit schuf er für die österreich-ungarische Marine eine Waffe, die dann beide Weltkriege (im Besonderen den U-Boot Krieg) entscheidend beeinflusste.

1869 heiratet Alice Whitehead den österreich-ungarischen Adeligen Graf Georg Hoyos, Freiherr zu Stichsenstein (Sixtenstein (1842 – 1904).

Graf Georg Hoyos war der Kommandeur eines Kanonenbootes und nahm 1867 an den Tests des neuentwickelten Torpedos teil. So traf er die Tochter von Robert Whitehead, beendete sein Marineleben, heiratete Alice und begann seine Arbeit in der Fabrik in Fiume (Rijeka).

1872 kaufte Robert Whitehead mit seinem Partner und Schwiegersohn Graf Georg Hoyos die Fabrik und sie nannten sie “Silurifico Whitehead“ und 1875 dann später „Torpedofabrik Whitehead“. John Whitehead, Roberts ältester Sohn, der seinem Vater schon bei der Entwicklung des Torpedos behilflich war, wurde als Direktor angestellt. Doch er verstarb unerwartet im Jahr 1902. Die Geschäfte führte nun Graf Hoyos, doch auch er starb kurz darauf im Jahr 1904.

Die Familienbande mit Graf Hoyos waren ein beträchtlicher Bonus, da dieser ein Mitglied einer alten k.k. Adelsfamilie war mit beträchtlichen Kontakten und Einfluss.

Die Tochter aus der Ehe von Alice mit dem Grafen, Marguerite Hoyos, heiratete den Sohn des deutschen Reichskanzlers, Herbert von Bismarck.

Eine weitere Enkelin von Robert Whitehead, Agathe (1890-1922), ehelichte den später als Vater der Trapp Familie berühmt gewordenen U-Boot-Kapitän Georg Ludwig von Trapp.

29.3.1920 kaufte Alice Gräfin Hoyos das Martinschlössel von Frau Wilhelmine Beck von Mannagetta und Lerchenau.

Der Kauf beinhaltete die Realität samt dem darauf stehenden Martinschlössel und den sonstigen Gebäuden und allem Zubehör. Ausserdem ist die gesamte in diesen Baulichkeiten befindliche Wohnungseinrichtung, sowie alle dort befindlichen Fährnisse mitverkauft, mit Ausnahme jener Fährnisse, die sich in den beiden von Herrn Wilfried Beck bewohnten Zimmern befinden....

21.10.1920 erfolgt der Verkauf des Martinschlössels an Alices Neffen Robert Whitehead.



1920 bis 1962   Robert Whitehead jun.
1921 bis 1925 bewohnt von   Familie Trapp

Robert Whitehead (*1. 4. 1893 in Fiume † 27.02.1961 in Venedig) war der Neffe der Schlössel-Vorbesitzerin Alice Gräfin Hoyos (geb. Whitehead)

Eltern: John Whitehead (* 1854 † 1902 ) und Agathe Whitehead geb. Gräfin Breunner-Enkevoirt
(* 18.7.1859 in Grafenegg † 7.1.1945 in Klosterneuburg) Grab auf dem Martinsfriedhof in Klosterneuburg)
Großvater: Robert Whitehead (*1823 † 1905), der Torpedo-Erfinder
Schwester: Agatha von Trapp geb. Whitehead (* 1891 † 1922 in Klosterneuburg, Grab im Friedhof Untere Stadt) verh. mit Georg Ludwig Ritter v. Trapp (*1880 Zadar † 1947 in Boston)

21.10.1920 Kaufvertrag zum Martinschlössel (Robert wohnte nicht hier sondern: Singerstr. 16 – Breunner-Palais, Haus in Ungarn ?)

1921 Zuzug von Verwandten: Die Familie Trapp

Exkurs 1: Roberts Schwager Georg von Trapp – Beruflicher Werdegang:
  • 1894 - 1898 Marineakademie in Fiume
  • 1900 wurde er dem Panzerkreuzer S.M.S. „Kaiserin und Königin MariaTheresia“ zugeteilt und wurde für seine Beteiligung während der Erstürmung des Taku-Forts während des Boxeraufstandes in China mit der Silbernen Ehren-Denkmünze für Tapferkeit ausgezeichnet.
  • 1908 Linienschiffsleutnant in Fiume, wo er die U-Boote kennenlernte, die von der Firma Whitehead gebaut wurden
  • 1910 - 1913 Oberbefehl über U-Boot S.M.U. "6"
  • April 1915 erhielt er das Kommando über das U-Boot S.M.U. "5" und versenkte damit den franz. Panzerkreuzer Leon Gambetta und torpedierte das italienische U-Boot Nereide. Dafür erhielt er nach dem Krieg, 1924, das Ritterkreuz des Maria-Theresien-Ordens
Uboot U5
Das U-Boot U 5
Holzbüste
Holzbüste, Pioniermuseum
  • Okt. 1915 befehligte er das von Frankreich erbeutete Unterseeboot Curie, das von Österreich auf S.M.U. „14“ umbenannt wurde
  • Mai 1918 Beförderung zum Korvettenkapitän und Kommando über den U-Boot-Stützpunkt in der Bucht von Cattaro (heute: Kotor)
Exkurs 2: Die Familie Trapp/Whitehead

Georg und Agathe begegneten einander in Pola (Hafen der k.k. Kriegsmarine). Georg von Trapp wurde dort das Kommando eines der ersten U-Boote übertragen, welches die österreichische Marine in Dienst stellte. Die junge Dame, welche dieses U-Boot taufte, war Agathe Whitehead, die Tochter des Torpedofabrikanten und Werftbesitzers John Whitehead und Enkelin des Erfinders des Torpedos. Auf dem darauffolgenden Ball lernten sie einander näher kennen und heirateten bald darauf.

Kpt. Trapp Buch
Buch: Bis zum letzten Flaggenschuss
Hochzeitsfoto
Hochzeits-Photo

10. 01. 1911 Agathe Whitehead und Georg Ludwig von Trapp heiraten.

1911 bis 1913 Geburt der Kinder Rupert und Agathe in Pola

Zu Beginn des 1. Weltkrieges zog Agathe mit den beiden Kindern zu ihrer Mutter, auf das Gut "Erlhof" in Zell am See. Dort kamen weitere Kinder zur Welt: Maria, Werner, Hedwig und Johanna.

Wegen Platzmangels übersiedelt die Familie in das "Hotel Kitzsteinhorn“ direkt am Zeller See, das aber nach einer großen Überflutung nicht mehr bewohnbar wurde. Da bietet Agathes jüngster Bruder, Robert Whitehead, der Familie seinen Besitz in Klosterneuburg als Domizil an. Onkel "Bobbys“ Besitz, das Martinschlössel war in ausgezeichneter Verfassung, mit einem Verwalterhaus, einem Glashaus, einem Obstgarten und einem großen Garten. Das Schlössel war allerdings nicht möbliert.

(Anm.: Robert Whitehead hatte das Martinschlössel im Oktober 1920 von seiner Tante Alice Hoyos gekauft und noch vor Ankunft der Trapps mehrere Bauarbeiten im Schlossbereich von der Firma Josef und Carl Schömer aus Klosterneuburg durchführen lassen):

Martinstraße 34 (Hauptgebäude): Martinstraße 36 (Wirtschaftsgebäude mit Obergeschoß):
  • Nov. 1920 Agathe von Trapp reist nach Pola, um die Übersiedlung ihrer Möbel aus ihrer Villa in Pula zu arrangieren, Georg von Trapp darf als ehemaliger Kriegsgegner nicht nach Italien einreisen, wohin Pula jetzt ja gehörte.
  • Jan. 1921 Ankunft der Kinder und des Personals im Martinschlössel
Schlössel
Das Schlössel damals
Kinderfoto
Die Kinder
  • 17.02.1921 Geburt von Martina (genannt nach der Martinskirche)
  • Sommer 1921 Ankunft von Constanze Trapp , der Witwe von Werner von Trapp , dem Bruder von Georg von Trapp (gefallen 1915)
  • Ende 1921 Eine Scharlach-Epidemie grassiert in Klosterneuburg und 6 der 7 Kinder sind krank.
  • Beginn 1922 Agathe von Trapp erkrankt an Scharlach, es folgt ein Sanatorium-Aufenthalt in Wien, der mit Unterbrechungen 8 Monate. dauert
  • 03.09.1922 Agathe stirbt in Klosterneuburg und wird auf dem Martinsfriedhof bestattet.
    Bis zu diesem Zeitpunkt hatten die Kinder Gouvernanten und Hauslehrer, aber nun sollen sie die öffentlichen Schulen besuchen. In den Listen des Gymnasiums Klosterneuburg finden sich Eintragungen über: von 1922-25 Rupert Trapp und von 1923-25 Agathe Trapp dann später noch von 1926-30 Konstanzia Trapp
    Die 2 jüngeren Kinder Maria und Werner besuchen die öffentliche Volksschule im Stift
  • Die Erzieherin der Kinder war übrigens Frl. Freckmann aus Norddeutschland, eine Unterstützerin der volksliturgischen Bewegung des Chorherrn Pius Parsch in Klosterneuburg.
Schlössel
Das Schlössel vom Garten
Grab
Grab im Friedhof Untere Stadt
  • März 1924 Nach der Baubewilligung im Februar erfolgt der Zubau zum Nordflügel des Schlosses durch die schon bewährte Firma Josef und Carl Schömer.
  • Sommer 1925 Georg von Trapp übersiedelt mit den 7 Kindern und dem Personal in die Villa Trapp nach Aigen bei Salzburg (Warum nach Ausbau des Domizils ? Fr. Emmer-Reissig: Zerwürfnis mit „Bobby“)
Nordzubau
Schloß mit Nordflügel-Zubau
Martinstrasse 34
Schlössel-Martinstraße 34

In den nächsten Jahren waren folgende zur Familie Whitehead gehörenden Personen (oft auch mit Unterbrechungen) an der Adresse Martinstraße 34 (Martinsschlössel) gemeldet:

ab 1925 Robert Whitehead - der Besitzer (britischer Staatsbürger)
Agathe Whitehead geb. Gräfin Breunner - seine Mutter
Constanze Trapp – die Witwe von Werner von Trapp, dem Bruder von Georg von Trapp
Constanze Trapp – die Tochter der oben Genannten
ab 1933 Ann Whitehead, die Gattin von Robert Whitehead
ab 1938 Joan Whitehead, die jüngste Schwester von Robert Whitehead (*10. 9. 1899, † 2. 11. 1985 in Zell am See, überführt in das Familiengrab im Friedhof Untere Stadt
ab 1939 Robert Whitehead (mit Gattin Anne) verlässt das Martinsschlössel.
1941 Constanze Trapp heiratet Herbert Herberstein und verläßt das Martinsschlössel
1943 Laut einem Schreiben vom Reichsstatthalter in Wien ist Robert Whitehead zu dieser Zeit als englischer Staatsbürger in Italien interniert. Das Schreiben geht zu Handen des Feindvermögensverwalters Herrn Dr. Wilhelm Hemerka mit dem Inhalt, dass Teile des Objekts als Denkmal zu betrachten sind, an dessen Erhaltung ein öffentliches Interesse besteht und unter Denkmalschutz gestellt werden. Die Zerstörung sowie jede Veränderung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Reichsstatthalters
1945 Agathe Whitehead, geb. Gräfin Breunner-Enkevoirt stirbt und wird im Familiengrab auf dem Martinsfriedhof bestattet.

Joan Whitehead verläßt nach dem Einmarsch der Russen gemeinsam mit ihrer Freundin Lisa das Martinschlössel Richtung Schweiz.

1941 Dem Branchenverzeichnis des Österreichischen Gewerbebundes von 1935 ist zu entnehmen, dass die Tischlerei Josef Bina in der Martinstraße 36 ihre Tätigkeit ausübt. Die Familie Bina wohnte seit August 1939 in der Martinstraße 36/2/1/1 bis November 1957 (lt. vorhandener Meldezettel).
Meldezettel
Meldezettel, Tischlerei Bina
Meister Bina
Tischlermeister Josef Bina
1941 stellt die Bau- und Möbeltischlerei Josef Bina ein Ansuchen um Baubewilligung für einen neuen Eingang straßenseitig.

1961 Robert Whitehead stirbt in Venedig, wo auch sein Wohnsitz war.

Sein Stiefsohn George Morton erbt das Martinschlössel.



1962 bis 1963   George Morton

George Morton ist der Stiefsohn von Robert Whitehead, beide wohnhaft in Venedig.

Nach dem Tod von Robert Whitehead am 27.02.1961 ist auf Grund des Testaments und nach den Ergebnissen der Verlassenschaftsabhandlung das Eigentumsrecht auf dessen Stiefsohn übergegangen (ohne Inventar)

1962 Verkauf des Schlössels an Dr. Emmer-Reissig



1963 bis Oktober 2010   Dr. Herwig Emmer-Reissig

Durch den Kaufvertrag vom 19.12.1962 gelangte Mag. Dr. Herwig Emmer-Reissig in den Besitz des Martinschlössels. Seine Familie stammt aus Neutitschein (heute Novy Jičin) in Mähren, wo sein Vater Professor und Oberstudiendirektor war. Herwig wurde dort am 12.10.1921 geboren. Er studierte Rechtswissenschaften und heiratete in Wien Frau Arch. Dipl.-Ing. Eva von Nottes.

Portrait
Mag. Dr. Herwig Emmer-Reissig
Namensschild
Namenschild an der Hauswand

1963 Durch ein Inserat aufmerksam gemacht, besichtigte (ursprüngl. für Nadja Tiller) und kaufte Dr. Emmer-Reissig das Schlössel für den Eigenbedarf. Der Schömer-Zubau bestand aus Aussenmauern, Fenster und Dach, innen aber noch im Rohbau mit Rohputz.

Der ehemalige Butler von Robert Whitehead, Lajos Boszenik und seine Frau Rosa hatten eine Wohnung im Altbau auf Lebenszeit, ebenso ein ehemaliger Hausknecht. Der Trakt Martinstraße 36 enthielt 3 Mieter, in deren Verträge der Käufer eintrat. Es gab keinen Gasanschluss und keine Kanalanbindung (drei Senkgruben).

Das Ehepaar Emmer-Reissig besaß in Wien einige Hotels, die ständig überlastet waren, so dass sie das Schlössel provisorisch für eine deutsche Reisegruppe adaptierten, die zu Pfingsten dort nächtigte. Die Gruppe war begeistert und die Gruppenbesuche wiederholten sich vierzehntägig. Es kamen auch amerikanische Gruppen und mit diesen Einnahmen wurde das Schlössel weiter aus- und umgebaut (Frau Emmer-Reissig war Architektin!).

So entstand nach und nach das „Schlosshotel Martinschloss“ der internationalen Luxusklasse mit 75 Betten.

Portrait
Ansichtskarte mit Schlosshotel
Namensschild
Hotelprospekt

Die Privatwohnung befand sich im alten Trakt (Südflügel). Das Personal wohnte teils im Schlössel und teils in den Wirtschaftsgebäuden.

Treppe
Treppenaufgang
Kachelofen
Fr. Arch. DI Emmer-Reissig, Kachelofen

Das Gästebuch des Hauses wurde leider gestohlen, aber laut Frau Emmer-Reissig und der Hausdame, Frau Maria Mohorko, waren u.a. folgende prominente Personen aus den unterschiedlichsten Bereichen zu Gast:

RENN-SPORT: UNTERHALTUNG, MUSIK: FILM: Nach der "HAINBURGER AU" Causa eine KONFERENZ mit:
Hainburg Konfz

"Friedenskonferenz" in Klosterneuburg, Jänner 1985

KÜNSTLER: STAMMTISCHE: div. HOCHZEITEN unter lokaler wie auch überregionaler Beteiligung:
Hochzeit aussen
Hochzeitsgesellschaft
Hochzeit
Hochzeitstafel im Schlössel

aber auch:
diverse japanische Hochzeiten

BESONDERS ZU ERWÄHNEN: Und auch VIERBEINIGE PROMINENZEN:
Habsburgbrief
Brief von Otto von Habsburg
Hochzeit
Japanisches Schoßhündchen

Dr. Emmer-Reissig war Gerichtsdolmetscher (Tschechisch und Slowakisch) und Generalkonsul von Panama. Anwaltskanzlei, Dolmetschbüro, Sekretariat und Konsulat waren im 1. Stock eingerichtet.

19.10.1987 erfolgte die Gewerbezurücklegung 22.03.1988 – 03.10.1988 Betreiber des Hotels war Herr Otto Hugo Stift.
12.09.2006 – 10.10.2006 Frühstückspension von Fr. Emmer-Reissig angemeldet
17. Feb. 2007: Brand in Martinstr. 36:
Brand

Brand im Wirtschaftsgebäude, Martinstr. 36

7. April 2007: Dr. Herwig Emmer-Reissig stirbt im Krankenhaus Tulln.
2008 An der Adresse Martinstraße 34 ist nur Frau Emmer-Reissig mit Hauptwohnsitz gemeldet und zwar seit 18.09.1963.
26. 11. 2010 Verkauf des Martinschlössels durch Frau Arch. Dipl.-Ing. Eva Emmer-Reissig

Die neue Besitzerin beabsichtigt das Martinschlössel nach seiner kompletten Sanierung und Restaurierung vorwiegend als privaten Familiensitz zu nutzen.

Rundgang um das Schloss vor der Restaurierung im Mai 2011




EMPFEHLUNG: * Sehen Sie auch in unserer Bildergalerie die Fotos über die Martinschlössel Powerpoint Präsentation und den Vortrag mit Gerda und DI Heinz Köfinger. Werfen Sie auch ein Auge auf unsere KKG-Publikation "Das Martinschlössel in Klosterneuburg"